Beschneidungsgesetz – Es ist 10 Jahre nach 12
Vor genau zehn Jahren hat der deutsche Bundestag den Paragrafen 1631d BGB (Beschneidung des männlichen Kindes) verabschiedet. Dazu ein Kommentar von Andreas Kielmann, Vorstandsmitglied des Bundes für Geistesfreiheit München.
"Heute trauere ich um ein Gesetz. Ein Gesetz, das belegt, dass Legislative und Judikative in Deutschland aufgrund von Verquickung von Religion und Staat nicht mehr getrennt sind und damit die Demokratie aus religiösen Gründen dysfunktional gemacht wurde.
Im Frühjahr 2012 geriet ein Elternpaar in Köln in Streit bei der Frage, ob der gemeinsame Sohn nach islamischem Ritus beschnitten werden sollte oder nicht. Sie war dagegen und er wollte die Beschneidung des Zwölfjährigen. Sie gingen vor Gericht und der Richter entschied nach Prüfung der Gesetze. Der Junge solle nicht beschnitten werden sondern erst bei Religionsmündigkeit, also mit 14 Jahren solle er selbst diese Entscheidung treffen, so das Gericht. Der körperlichen Unversehrtheit wurde der Vorzug vor der Religionsfreiheit gegeben, weil Beschneidung nicht rückgängig gemacht werden kann.
Die islamischen und jüdischen Religionsgemeinschaften sahen sich zurückgesetzt und pochten auf Vorzug ihrer Rechte und dem Recht auf Abschneiden eines Teiles des kindlichen Penis aus religiösen Gründen.
Was dann geschah, ist erstaunlich. Aus interreligiöser Solidarität heraus entschieden sich die evangelischen und katholischen Vertreter die Anliegen der anderen Gottbehauptenden zu unterstützen. Im Parlament wurde ein Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt, um religiöse Rechte zu priorisieren. Der einzige Vorteil des Christentums, dass sie im Regelfall die Finger von den Geschlechtsteilen der Kinder lassen, wurde zunichte gemacht.
Ein Wunder geschah. Im Frühjahr 2012 wurde das Gesetz eingebracht und im Schweinsgalopp abgestimmt und am 12. Dezember 2012 in Kraft gesetzt.
Was bilden sich diese Religiösen eigentlich ein, die Legislative vor ihre Ziele zu spannen, um ein ihnen missliebiges rechtlich einwandfreies Urteil zu kippen?
Seitdem werden Jungs in Deutschland aus religiösen Gründen verstümmelt. Die Öffentlichkeit nimmt dieses Unrecht in Gesetzesform hin.
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei den Frauen, die sich schon seit vielen Jahren gegen die Beschneidung von Mädchen einsetzen. Sie unterstützten die Bewegung gegen die religiöse Beschneidung an Jungen in Deutschland, weil sie sich davon Rückenwind für den Kampf gegen diese weltweite Widerlichkeit erhofften. Danke auch an den Verein MOGIS, der sich dieser Thematik angenommen hat."