Das besondere Kirchgeld

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Aktuelle Informationen

(Stand: August 2020)

Den Bund für Geistesfreiheit München (bfg München) erreichen immer wieder Anfragen zum Einzug des Besonderen Kirchgeldes und der Möglichkeit, die gemeinsame Veranlagung bei sogenannten glaubensverschiedenen Ehen (z.B. Ehefrau evangelisch, Ehemann konfessionslos) durch Mitgliedschaft im bfg München zu umgehen.

Durch eine Entscheidung der Evangelischen Landeskirche in Bayern (ELKB) wird rückwirkend ab 1.1.2018 - und bis auf Weiteres - kein Besonderes Kirchgeld für Bayern eingezogen.
Laut einer Pressemitteilung der ELKB liegt „der jährliche Ertrag ... mit 13,4 Millionen Euro bei weniger als zwei Prozent des Gesamtkirchensteueraufkommens und stehe nicht im Verhältnis zu dem Imageschaden, den die ELKB dadurch erleide. Seit seiner Einführung habe diese Steuer ‚erhebliche, nicht zu behebende Akzeptanzprobleme’ verursacht.” Diese Entscheidung kann aber von der ELKB genauso einfach wieder rückgängig gemacht werden.

Für die anderen Bundesländern, in denen das Besondere Kirchgeld noch eingezogen wird, gelten folgende Informationen, die wir mit Hilfe eines Rechtsanwalts zusammengefasst haben (ohne Rechtverbindlichkeit). 

Woher kommt das besondere Kirchgeld überhaupt und warum heißt es so?

Bei sogenannten glaubensverschiedenen Ehen hat das Bundesverfassungsgericht entschieden (Urt. v. 14.12.1965 - 1 BvR 606/60), dass zwar nicht das einkommensteuerrechtlich ermittelte Einkommen des nicht einer Kirche angehörenden Ehegatten Gegenstand einer (Kirchen-)Besteuerung bilden kann, dass wohl aber der Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten den Gegenstand der Besteuerung bildet, wenn die Ehegatten gemeinsam steuerlich veranlagt werden und (nur) der konfessionslose Ehegatte Einkommen erzielt (Alleinverdienerehe).
Nachdem die Bestimmung dieses Lebensführungsaufwandes allerdings besondere Schwierigkeiten bereitet, ist es juristisch nicht zu beanstanden, wenn hierfür als Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehepartners der Aufwand nach dem gemeinsamen Einkommen der Ehegatten bemessen wird, also auf Basis des Einkommens des Konfessionslosen (denn auch der einkommenslose kirchenangehörige Ehegatte muss ja von etwas leben). Eine solche Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und die Erhebung eines Besonderen Kirchgeldes hieraus begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. 
Eine besondere Situation ergibt sich bei Doppelverdienerehen, bei der beide Ehepartner ein relevantes Einkommen erzielen. Hierzu gibt es eine eigene Rechtsprechung der Finanz- und Verwaltungsgerichte.
(vergl. https://hpd.de/artikel/bundesfinanzhof-schraenkt-besondere-kirchgeld-de…).
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Beschluss vom 8.10.2013 (I B 109/12) ausdrücklich festgestellt, dass die Kircheneinkommensteuer strikt vom besonderen Kirchgeld zu trennen ist. Wegen der Konfessionslosigkeit eines Ehegatten wird diese Art der Abgabe bei glaubensverschiedenen Ehegatten wohl auch nicht als „Kirchensteuer“, sondern als „Besonderes Kirchgeld” bezeichnet.

Regelung nach Art. 22 S. 4 BayKiStG für weltanschauliche Körperschaften des öffentlichen Rechts

Als in Bayern anerkannte Körperschaft des öffentlichen Rechts kommt der bfg München in den Genuss von Art. 22 S. 4 BayKiStG. Danach wurde das Besondere Kirchgeld nicht erhoben, wenn der konfessionslose Ehegatte
des einer Kirche angehörigen umlagepflichtigen Gatten einer weltanschaulichen Gemeinschaft angehört, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Hier wurde dann nur derjenige Ehegatte, der der religiösen Glaubensgemeinschaft angehört, mit seinem Einkommen zur Kirchensteuer herangezogen.
Grundlage dieser Regelung aus der Weimarer Verfassung und den Grundgesetz zur Gleichstellung von Religion und Weltanschauung

Die geltende Rechtslage basiert auf Art. 140 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 137 Abs. 7 Weimarer Reichsverfassung (WRV). Danach sind Weltanschauungsgemeinschaften den Religionsgemeinschaften gleichgestellt.
Zur Glaubens- und Gewissensfreiheit, Art. 4 GG, hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Personen,die nicht (mehr) Kirchenmitglieder sind, Steuerpflichten zu Gunsten einer Religionsgemeinschaft nicht auferlegt werden dürfen (BVerfGE 19, 206/216 vom 29.1.2010; 2 BvR 816/10 vom 28.10.2010).

Schlussfolgerung und Rechtssicherheit 

Für Bayern kann also gesagt werden, dass nach der geltenden Rechtslage und aus gemachten Erfahrungen die Vollmitgliedschaft im Bund für Geistesfreiheit München vor der Erhebung des Besonderen Kirchgeldes schützt,sofern man auch in Bayern steuerpflichtig ist. Der Einzug wurde jedoch, wie oben erwähnt, seit 2018 ausgesetzt. 

Regelung für andere Bundesländer

Der bfg München ist in Bayern als öffentlich-rechtliche Körperschaft registriert und anerkannt. Er ist damit in Bayern grundsätzlich steuererhebungsberechtigt, erhebt aber nur Mitgliedsbeiträge. Bundesweit hat er Rechtsfähigkeit, nicht aber eine Steuererhebungsberechtigung in anderen Bundesländern. 

Status der angestrengten Klagen

Seit 2015 unterstützt der bfg München Einsprüche, Widersprüche und Klagen um eine rechtliche Klärung zu erhalten. Nachdem der Rechtsweg in einigen Bundeländern ausgeschöpft war, wurde am 28.03.19 eine Verfassungsbeschwerde mit dem Aktenzeichen 2 BvR 591/19 eingereicht. Diese wurde laut einstimmigem Beschluss nicht zur Entscheidung angenommen. Damit ist dieser Rechtzug beendet und die Verfahren, die sich bisher auf die Verfassungsbeschwerde bezogen haben, wurden (und werden wohl) im Folgenden abschlägig beschieden. 

Die Argumentation ist stets die gleiche

1. Der Bund für Geistesfreiheit ist finanztechnisch nur für Bayern relevant - nicht für andere Bundesländer
2. Der Bund für Geistesfreiheit ist nicht „steuererhebend” und damit nicht gleichzustellen.

Weiteres Vorgehen

Der bfg Bayern wird nun verstärkt daraufhinarbeiten auch in anderen Bundesländern als K.d.ö.R. anerkannt zu werden um damit das erste Argument zu entkräften. An den Begrifflichkeiten im zweiten Argument lässt sich nur schwer etwas ändern. Hier kann nur erweiterter politischer und sozialer Druck helfen um - wie in Bayern geschehen - bei den Verantwortlichen die Absurdität und Widersinnigkeit des Besonderen Kirchgelds deutlich zu machen.

Einspruch kann weiterhin zum Erfolg führen 

Wenn Sie Mitglied im bfg München sind können sie weiterhin Einspruch gegen die Zahlung einlegen.
Nicht alle Behörden sind sich der aktuellen Rechtslage bewusst. Es gibt einige dokumentierte Fälle bei denen der Einzug des besonderen Kirchgeld auf der Basis unserer Argumentaton ausgesetzt wurde. Jeder, der als Mitglied im bfg München also einen Bescheid mit Festsetzung eines Besonderen Kirchgeldes gegen sich erhält (d.h. der der Kirche angehörige Ehegatte), kann innerhalb eines Monats ab Zugang schriftlich Einspruch/Widerspruch einlegen. 

Rechtsbeistand für weitere Klagen

Der bfg Bayern prüft aktuell ob eine erneute Welle von Klagen mit einer anderen Argumentation zielführend ist.
Wenn Sie diesen Weg mit uns beschreiten wollen, wenden Sie sich an kirchgeld@bfg-muenchen.de

Eine schnelle Lösung um das Besondere Kirchgeld zu vermeiden

Im Moment ist der Kirchenaustritt des verbliebenen Kirchenmitglieds das einfachste Mittel, um dem Besonderen Kirchgeld und damit einer unbeabsichtigten/unerwünschten Förderung der Kirchen zu entgehen.

Was bringt eine Mitgliedschaft im Bund für Geistesfreiheit? 

Mit Ihrer Mitgliedschaft im bfg tragen Sie dazu bei, dass Gesetze, wie dasjenige, das Sie zur Zahlung des Besonderen Kirchgeldes zwingen will, irgendwann in der ganzen Bundesrepublik aufgegeben werden müssen. Diese Regelung ist nicht nur weltweit einmalig, sondern aus unserer Sicht auch rechts- und verfassungswidrig. Die Abschaffung des Besonderen Kirchgeldes in Bayern zeigt auch den Erfolg unserer Strategie.

Wir treten als Organisation für die Rechte von Konfessionslosen oder nichtreligiöser Menschen ein und fordern die überfällig Trennung von Kirche und Staat in Deutschland. Je mehr Mitglieder wir vorweisen können desto stärker wird der Druck sein, den wir ausüben können. Die säkulare Gesellschaft ist eine Tatsache, die nicht länger übersehen werden darf und dem Führungs- und Machtanspruch der Kirchen die Grundlage entzieht.

Vertretung der Konfessionslosen und humanistische Weltanschauungsgemeinschaft

Inzwischen sind weit mehr als ein Drittel der Bundesbürger kein Mitglied in einer eingetragenen Religionsgemeinschaft - Tendenz weiter steigend. Dennoch bestehen die Privilegien der Kirchen mit hohen Subventionen, staatlich bezahltem Religionsunterricht sowie steuerfinanzierten Theologielehrstühlen und Bischofsgehältern, Zugang zu Medien oder Kommissionen, dem staatlichem Kirchensteuereinzug und einer eigenen Rechtssprechung unverändert weiter. 

Der bfg München engagiert sich auf politischer, sozialer und künstlerischer Ebene, um diesen Missstand öffentlich zu machen und Druck für eine positive Veränderung aufzubauen. Als Weltanschauungsgemeinschaft setzen wir uns ein für das humanistische Weltbild eines vernunftbegabten und selbstbestimmten Menschen in einer offenen toleranten Gesellschaft ohne dogmatische Ideologien oder Glaubensbekenntnisse.

Je mehr Gleichgesinnte oder Betroffene sich dafür engagieren, desto eher wird dies Wirklichkeit.

Eine Zusammenfassung zum download finden Sie hier.

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